Überblick des Pferdekaufrechts 2025 – Beitrag von Rechtsanwalt Benedikt Tillmann (Dresden)
- Rechtsanwalt Benedikt Tillmann

- 10. Juli
- 5 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 11. Juli
Dieser Aufsatz richtet sich an juristische Laien, aus dem Anlass aktueller Rechtsprechung zum Thema Pferdekauf und Mängelhaftung. Der Beitrag ist nicht abschließend und ersetzt keine Beratung durch einen Rechtsanwalt.
I. Unternehmereigenschaft des Pferdeverkäufers
Will sich der Käufer auf die Schutzvorschriften des Verbrauchsgüterkaufs berufen (B2C), muss der Käufer beweisen, dass der Verkäufer als Unternehmer gehandelt hat. Ist der Verkäufer eine natürliche Person (und nicht zB eine GmbH), dann wird grundsätzlich vermutet, dass der Verkäufer als Privatperson gehandelt hat. Es sei denn, der Käufer beweist das Gegenteil.
Ein „Pferdezüchter“ ist nicht automatisch ein „Unternehmer“, wie etwa der „Pferdehändler“ oder das „Reitzentrum“. Denn nicht jede Pferdezucht wird gewerblich bzw. unternehmerisch betrieben (BeckRS 2025, 1986).
Die Veräußerung eines vom Verkäufer – hier einem nicht im Bereich des Pferdehandels tätigen selbstständigen Reitlehrer und Pferdeausbilder – ausschließlich zu privaten Zwecken genutzten Pferdes ist regelmäßig nicht als Unternehmergeschäft zu qualifizieren (Quelle: BGH-Urteils (VIII ZR 32/16 vom 18.10.2017).
Ein unternehmerisches Handeln (§ 14 BGB) kommt insoweit nur in Betracht, wenn die dem Vertragspartner bei Vertragsschluss erkennbaren Umstände eindeutig und zweifelsfrei darauf hinweisen, dass die natürliche Person in Verfolgung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt. Für die Abgrenzung zwischen Verbraucher- und Unternehmerhandeln kommt es maßgeblich auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls, insbesondere das Verhalten der Parteien bei Vertragsschluss an (BeckRS 2025, 1986).
II. Der Sachmangelbegriff im Pferderecht
Beim Kauf eines Pferdes liegt ein Sachmangel vor, wenn das Tier bei Übergabe nicht den vereinbarten Eigenschaften entspricht oder sich nicht für den vertraglich vorausgesetzten Zweck eignet – etwa als Reitpferd. Fehlt eine solche Vereinbarung, muss das Pferd zumindest für die gewöhnliche Verwendung geeignet sein und die bei Pferden übliche Beschaffenheit aufweisen. Der BGH betont, dass zur „üblichen“ Beschaffenheit nicht gehört, dass das Tier einer biologischen Idealnorm entspricht. Leichte physiologische Abweichungen sind bei Lebewesen normal und stellen für sich genommen keinen Mangel dar – etwa unauffällige Röntgenbefunde bei klinisch gesundem Zustand.
Auch ohne ausdrückliche Vereinbarung darf der Käufer davon ausgehen, dass das Pferd nicht krank ist. Krankheiten sind ein besonders relevanter Aspekt bei der Mangelbeurteilung. Weitere Kriterien umfassen unter anderem:
· Alter, Ausbildungsstand, Rasse, Abstammung
· Exterieur und Interieur
· Sportliche Erfolge
Typische krankheitsbedingte Mängel beim Pferdekauf umfassen unter anderem:
· Haut: Tumore, Sarkoide, Sommerekzeme
· Auge: Periodische Augenentzündung (ERU)
· Herz/Kreislauf: Angeborene Herzfehler
· Atmung: COB (chronische Bronchitis), Kehlkopflähmung
· Verdauung: Gastritis, Koliken
· Zähne/Kiefer: Fehlstellungen
· Rücken: Kissing Spines, ISG-Probleme
· Bewegungsapparat: OCD, Spat, Sehnenschäden
· Infektionsschutz: Fehlende Impfungen, unzureichende Entwurmung
Ein bloßer Röntgenbefund – auch bei hochpreisigen Dressurpferden – stellt ohne besondere Vereinbarung grundsätzlich keinen Sachmangel dar (BGH, NJW 2007, 1351). Nur wenn das Pferd dadurch erhebliche Einschränkungen in seiner Nutzung zeigt (z. B. Rittigkeitsprobleme), kann ein Sachmangel vorliegen.
Beispiel: Vereinbaren die Parteien ausdrücklich, dass das Pferd keine „Kissing Spines“ hat, liegt ein Mangel vor, wenn dies bei Übergabe dennoch der Fall ist. Fehlt eine solche Vereinbarung, ist allein das Vorliegen von „Kissing Spines“ noch kein Sachmangel – es sei denn, das Pferd zeigt infolgedessen erhebliche gesundheitliche Einschränkungen.
III. Nacherfüllung und Fristsetzung beim Pferdekauf
Vor einem Rücktritt vom Kaufvertrag ist dem Verkäufer grundsätzlich eine Frist zur Nacherfüllung zu setzen. Der Käufer kann zwischen Nachbesserung und Nachlieferung wählen.
Im Pferdekauf ist die Nachlieferung oft ausgeschlossen, da Pferde als individuelle Stücke gelten. In bestimmten Konstellationen – z. B. bei gewerblich eingesetzten Pferden – kann jedoch ein sogenannter Gattungskauf vorliegen, bei dem ein Austausch infrage kommt.
Ist der Mangel heilbar (z. B. durch tierärztliche Behandlung oder Training), kann der Käufer auch Nachbesserung verlangen. Er ist jedoch nicht verpflichtet, diese Option zu wählen, nur weil eine Nachlieferung nicht möglich ist.
Wichtig: Ist eine Nacherfüllung unmöglich, entfällt die Fristsetzungspflicht. Der Käufer kann dann zurücktreten oder den Kaufpreis mindern.
Die Kosten für die Nacherfüllung – inklusive Transportkosten – trägt der Verkäufer (§ 439 Abs. 2 BGB).
Bei einem Verbrauchsgüterkauf kann der Käufer vom Unternehmer einen Kostenvorschuss für die Nacherfüllung verlangen (§ 475 Abs. 4 BGB).
IV. Rücktritt vom Vertrag beim Pferdekauf
Kommt der Verkäufer seiner Pflicht zur Nacherfüllung nicht nach oder ist die Nacherfüllung unmöglich, kann der Käufer vom Vertrag zurücktreten oder den Kaufpreis mindern. Die Leistungen sind beim Rücktritt wechselseitig (Zug-um-Zug) zurückzugeben.
Gibt der Verkäufer den Kaufpreis nicht freiwillig zurück, ist Klage geboten, um den Verkäufer zur Rückzahlung zu zwingen. Dabei wird das Gericht angerufen, in dessen Gerichtsbezirk sich das Pferd zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung vertragsgemäß befindet.
V. Gewährleistungsausschluss im Pferdekaufvertrag
Der Begriff „Gewährleistungssauschluss“ meint eigentlich die Verkürzung der Verjährungsfrist für Rechte des Käufers aufgrund eines Sachmangels, der bereits bei Übergabe der Sache vorgelegen hat. Diese Verjährungsfrist (bzw. Gewährleistungsfrist) beträgt 2 Jahre (§ 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB). Innerhalb dieser zwei Jahre, kann der Käufer eines Pferdes einen Mangel geltend machen, der aber bereits bei Übergabe vorgelegen haben muss (und sich nur später erst zeigt). Häufig verwechselt wird dies mit einer sog. „Garantie“. Bei einer Garantie verspricht der Verkäufer, dass das Pferd für einen gewissen Zeitraum nach Übergabe des Pferdes, eine bestimmte Eigenschaft behält.
Privatverkauf eines Pferdes
Die Gewährleistung kann wirksam, individualvertraglich ausgeschlossen werden, wenn es sich beim Pferdekauf um einen Privatverkauf handelt. Ob bei Übergabe ein Mangel am Pferd vorlag, ist durch den Gewährleistungsausschluss im Prinzip irrelevant geworden. Es sei denn, eine entgegenstehende Vereinbarung sichert eine bestimmte Eigenschaft ausdrücklich zu.
Verkauf eines Pferdes von Händler an Privat (Verbrauchsgüterkauf)
Ist der Verkäufer ein professioneller Pferdehändler, kann die Gewährleistung nicht ausgeschlossen werden. Er kann unter bestimmten Voraussetzungen die Gewährleistungsfrist aber auf 12 Monate verkürzen (§ 476 Abs. 2 S. 1 HS. 2 BGB). Dafür muss das Pferd aber (grobgesagt) mindestens 6 Monate alt sein, da es sonst als „Neuware“ gilt. Die Verkürzung der Gewährleistungsfrist wirksam ist, sollte in jedem Fall detailliert geprüft werden.
VI. Beweislast im Pferderecht
Wurde die Gewährleistung nicht ausgeschlossen oder ist die Gewährleistungsfrist noch nicht abgelaufen, stellt sich die Frage, wer den Mangel am Pferd beweisen muss.
Privatverkauf
Der Käufer muss beweisen, dass bei Übergabe ein Sachmangel am Pferd vorlag. Innerhalb von 24 Monaten nach Übergabe kann er die sich zeigenden Mängel oder Mangelsymptome anzeigen und gerichtlich geltend machen. (Gewährleistungsfrist/Sachmangelfrist).
Verkauf von Händler an Privat (Verbrauchsgüterkauf)
Ist der Verkäufer des Pferdes ein Unternehmer, gilt: Zeigt sich ein Mangel innerhalb von 6 Monaten nach Übergabe des Pferdes, wird angenommen, dass der Mangel schon bei Übergabe vorlag (§ 477 Abs. 1 S. 2 BGB). Das heißt: der Verkäufer muss beweisen, dass das Pferd bei Übergabe mangelfrei war. Nicht der Käufer muss beweisen, dass bei Übergabe ein Mangel vorlag (wie beim Privatverkauf). Das ist ein enormer Vorteil für den Gerichtsprozess.
VII. Ankaufsuntersuchung beim Pferdekauf
Die tierärztliche Kaufuntersuchung (Ankaufsuntersuchung) ist beim Pferdekauf weit verbreitet und wird häufig als aufschiebende Bedingung für den Abschluss des Kaufvertrags vereinbart (§ 158 Abs. 1 BGB). Der Käufer entscheidet sich in solchen Fällen erst nach Durchführung der Untersuchung und Kenntnis des Ergebnisses verbindlich für oder gegen den Kauf. Die Untersuchung dient der Dokumentation des Gesundheitszustands des Pferdes zum Untersuchungszeitpunkt. Erkennt der Käufer dabei bestimmte Mängel oder hätte er sie bei zumutbarer Sorgfalt erkennen können, kann gemäß § 442 BGB die Gewährleistung ausgeschlossen sein. Grobe Fahrlässigkeit liegt insbesondere dann vor, wenn ein Käufer auf die Untersuchung verzichtet, obwohl konkrete Hinweise auf mögliche Mängel bestanden. Eine generelle Pflicht zur Durchführung einer Kaufuntersuchung besteht allerdings nicht. Die Kenntnis des eingeschalteten Tierarztes wird dem Käufer nur dann zugerechnet (§ 166 BGB), wenn dieser den Tierarzt als Vertreter im Rahmen des Kaufvertrags eingesetzt hat – was in der Praxis nur selten vorkommt. Wird der Käufer dagegen durch einen Vertreter mit entsprechender Kenntnis vertreten, muss er sich dieses Wissen zurechnen lassen. (Quelle: NK-BGB/Jens Adolphsen, 4. Aufl. 2021, BGB Anh. 5 § 480 Rn. 37-44.)
VIII. Fazit
Bereits bei Vertragsschluss sollte Streitigkeiten vorgebeugt werden. Insbesondere aus Käuferperspektive ist die erwartete Beschaffenheit möglichst konkret im Vertrag zu formulieren und eine Ankaufsuntersuchung durchzuführen.
Suchen Sie Hilfe bei einer Streitigkeit rund um das Thema Pferderecht, stehe ich Ihnen als Rechtsanwalt in Dresden gerne zur Verfügung.
Beste Grüße
Benedikt Tillmann

Kommentare